Leben ist Hart

Leben ist Hart. Ich schreibe hier. Wer es nicht lesen will, blättert einfach weiter. Als ich 11Jahre alt war: Ich habe drei Geschwister. Mein ältester Bruder ist zehn Jahre älter als ich und er wurde vor meinen Augen verhaftet. Er wurde für fünf Jahre verurteilt. Er saß in der JVA wegen: Bandenkriminalität, Drogenverkauf und Waffenbesitz. Meine anderen Schwestern sind sechs Jahre jünger als ich und unzertrennlich. Meine Eltern imigrierten nach Deutschland. Es war schwer, denn sie haben Fremdenhass erfahren. Mein Vater war da oft hilflos. Er hat was aufgebaut, mit meinem Onkel. Er arbeitete immer, war nur zum Schlafen zu Hause, so, dass das Geld grade reichte. Ich habe mitbekommen, wie tief traurig er war wegen den ganzen Schwierigkeiten in Deutschland, und auch wegen meinen Bruder. Er wollte von ganzem Herzen, das aus uns was wird. Die Nachbarschaft war dreckig und runtergekommen. Der Vermieter, dem der Wohnkomplex gehört hat, hat sich sehr selten gekümmert. Der ist auch Schuld, dass die Gegend so einen schlimmen Ruf hat. Die Leute wollten ein schönes Zuhause und haben ihr bestes draus gemacht. Aber bei vielen Problemen waren einem die Hände gebunden. Die anderen wollten nichts mit uns zu tun haben, weil wir dort gewohnt haben. Sie hatten Angst vor uns und haben gesagt, wir sind lausige Zigeuner. Doch zu mir waren die Nachbarn ganz OK, und doch wollte ich raus. Ich wollte Schriftstellerin werden. Als ich 13 Jahre alt war, lernte ich meine beste Freundin kennen: Vanja. Vanja und ich waren mehr wie Schwestern. Wir waren in der selben Klasse und unser Lieblingsfach war Biologie. Nach der Schule gingen wir in die Natur. Suchten Käfer und gaben ihnen Namen. Das sind die kleinen Geschichten an die ich mich gerne zurück erinnere. Und dann ist Vanjas Mutter mit uns in den Movie-Park gefahren. Das war auch klasse! Wir haben uns so gefreut und haben total verrückte Sache angezogen. Als wenn wir berühmte Superstars wären. Das sind so richtig gute Erinnerungen! Dann habe ich noch eine Erinnerung. Als alle Kinder vom Sportunterricht nach Hause wollten und der Sportlehrer mir sagte, ich müsse noch da bleiben, weil ich die Übung noch nicht richtig konnte, war ich ganz verdutzt aber blieb da. Er würde nur paar Minuten brauchen um mir das beizubringen. Als ich dann die Übung versuchte, begann er damit mich anzufassen, zu befummeln! Er wollte dann, das ich sein Glied anfasse. Ich schrie: “Nein! Nein! Nein!” Da ließ er von mir ab und ich bin schnell gegangen. (Er wollte sicher nicht gehört und gesehen werden. Vor der Sporthalle waren noch Leute, deswegen hat er sicher von mir abgelassen). Ich wollte zu Hause keinen belasten. Darum habe ich es nur Vanja erzählt. Und die hat ihr versprochen niemals gebrochen auf mich aufzupassen. Besonders, als der Lehrer da war, ließ sie mich nicht aus den Augen. Und der hatte keine Chance mehr mir etwas anzutun. Als ich 16 Jahre alt war: Wir hatten nur noch Flausen in Kopf. Vanja klaute ihrem Stiefvater die Zigaretten und wir begannen zu rauchen. Vanja versuchte sich auch im Glücksspiel. Es gab ein Lokal in unserer Gegend, wo die Leute nicht so aufs Alter acht gegeben haben. Ich sah ihr zu, wie sie ihr Geld verspielte. Ich wollte das nicht, wollte sie davon abhalten, doch sie sagte, sie brauche das, um den stressigen Tag zu vergessen. Sie hatte wechselnde Liebesbeziehungen. Manchmal auch zwei gleichzeitig. Sie konnte Beziehung aber nicht halten. Ihr ging es nicht gut damit. Es hat mir das Herz zerrissen, sie so zu sehen. Doch ich habe sie nicht allein gelassen. Sie sagte zu mir sie wolle nur den Kick. Sie mochte deutschen Hip Hop und so kam das Gespräch aufs Kiffen, und sie wollte es unbedingt ausprobieren. Und da ich die Freunde von meinem ganz großen Bruder kannte, der zu der Zeit immer noch in Haft war, die immer im Park rumhingen und dealten, wusste ich, wo man Gras kaufen kann. Ich versuchte dort etwas zu kaufen. Doch diese sagten, sie können mir nichts geben, weil sie nicht wollen das mein Bruder deswegen ne Welle schiebt. Sie hatten einen gewissen Respekt vor meinem Bruder. Und es war klar, dass er auch nicht wollte, das ich einfach so Gras kaufte. Er rief mich dann auch aus der JVA aus an und sagte ich solle auf keinen Fall etwas nehmen, so lange er noch in Knast wäre. Er versuchte wieder die Kontrolle über mich zu bekommen. Doch nach dem, was alles passiert ist, war mir das egal. Er war nie da, als ich ihn brauchte. Auch, wenn ich ihn irgendwie lieb habe. Ich wollte nicht auf ihn hören. Dann ist Vanja zu den Dealern gegangen, ohne mich. Sie bekam Gras, weil sie Vanja nicht kannten. So begannen wir zusammen zu kiffen. Es war schön und befreiend, nur musste man sich verstecken, weil man deutlich gemerkt hat, dass etwas mit uns nicht stimmt. Wir haben uns kaputt gelacht über alles mögliche. Ich kiffte nur am Wochenende, aber Vanja bald schon auch unter der Woche. Und wir waren dann noch mit den anderen aus der Klasse saufen, auf dem Schulhof, meistens samstags. Vanja hörte mit dem Glückspiel auf. Als ich dann 18 Jahre war, ich hatte meinen Klasse 10 B-Abschluss in der Tasche. Ich fand eine Ausbildungsstelle zu Köchin. Ich hatte einen Freund: Lewin. Die Beziehung war locker, rund, irgendwie gut. Jemand der nicht trinkt, nicht raucht. Er half mir mich nicht gehen zu lassen, und auch pflichtbewusst zu sein, so wie er. Mein Vater sagte einmal, er half auch ihm. Er habe ein gutes Herz. Mein Vater hat wieder angefangen deutsch zu lernen, damit er sich mit ihm unterhalten konnte. Mein großer Bruder, der zu der Zeit wieder aus der JVA entlassen wurde, hat sich sehr verändert. Er zog wieder bei uns ein. Meine Schwestern und ich teilten uns deswegen wieder ein Zimmer. Wir alle hatten wieder Hoffnung in ihn gesetzt. Doch er wollte alles und jeden in der Familie kontrollieren. Es war schon ein Kontrollwahn. Mein Onkel half ihm. Er konnte in seiner Werkstatt arbeiten. Mein Bruder wollte sich selber ein Auto tunen (für das Geld was er dortverdiente). Doch das ging ihm alles zu langsam, und dann hing er wieder mit dem Clan rum. Dann war er oft zu spät oder gar nicht arbeiten. Und alle anderen mussten dafür doppelt schuften. Ich habe versucht mit ihm zu reden, damit er wieder zur Besinnung kommt. Er sagte, seine Ehre ist sein Gesetz! Und er wollte das natürlich auch für die Familie. Damit meinte er, wenn er sich in seiner Ehre verletzt fühlte, oder die Ehre von einen von uns verletzt wurde, gäbe es für ihn kein Gesetz mehr. Keiner wusste je genau, wann er sich in seiner Ehre verletzt fühlte. Das war oft bei Kleinigkeiten oder Sachen die nur er verstanden hat. So wollte er uns kontrollieren. Und dann stand eines Tages wieder die Polizei bei uns vor der Tür. Wegen ihm. Er dachte, dass er der Chef sei. Aber… Mein Vater und mein Onkel sprachen ein Machtwort! Wir sagten, wir wollen keine bösen Menschen in der Familie und er sollte sofort ausziehen. Da war mein Vater, mein Onkel und seine Arbeitskollegen. Alle sind gekommen um ihm das klar zu machen. Mein Bruder ist verschwunden und keiner weiß genau wohin. Wohl weiter weg. Noch bevor er verschwunden ist, sorgte er dafür, dass mein Freund Lewin mit mir Schluss machte. Er hat ihm aufgelauert und sagte meinem Lewin, dass er nicht gut für mich ist. Lewin wollte sich nicht schlagen, er wollt ihn nur beruhigen. Dann hat mein Bruder jedoch Lewin geschlagen. Von der Brutalität und Gewaltbereitschaft meines Bruders völlig überrascht, konnte Lewin sich nicht gut verteidigen. Als mein Bruder ihn zwang die Beziehung zu mir zu beenden, hatte Lewin keine andere Wahl. Ich war am Ende mit den Nerven, weil ich noch nicht verstanden habe, warum Lewin so einfach mit mir Schluss gemacht hat. Weil er mir auch nichts gesagt hat, nur eineWhats App Nachricht geschrieben hat. Darin stand, dass es vorbei ist. Am selben Tag begann ich mit Vanja das Zimmer meines Bruders auszuräumen und sauber zu machen. Da ich das ja wieder für mich beanspruchte. Mein Bruder hatte nach dem Streit alles stehen und liegen gelassen. Auch einen Beutel Drogen den wir dort fanden. Es war ein Beutel darin. Zwölf kleine verkaufsfertige Tütchen. Ich wünschte heute, ich hätte es ihm hinter her geschmissen. Vanja hat genau geschaut was wir da hatten. Koka, Crack, und Heroin. Dann beschlossen wir die harten Drogen zu verstecken. Und nur bei besonderen Anlässen etwas davon zu probieren. Vanja versprach mir die Drogen sicher zu deponieren, ohne etwas zu nehmen. Doch sie nahm alles. Ohne mich! Als ich eine Woche später danach fragte, hatte sie nur Ausflüchte. Ihre Mutter hatte es gefunden und wegeschmissen. Als ich sie traf war sie verändert. So aufgedreht, so aufgetakelt. Ich habe gemerkt, dass sie auf Drogen war. An den Augen konnte ich es sehen. Sie wollte unbedingt wissen, wo mein großer Bruder ist. Doch mir war das verdammt noch mal egal. Ich war wütend, weil ich ihr einfach nicht glaubte. Und sie alles ohne Absprache gemacht hat. Ein paar Tage lang war dann Funkstille. Dann rief sie mich an und wollte es wieder gut machen. Ich bin dann auch zu ihr hin und da hatte sie weißes Pulver, was sie durch eine kleine Pfeife rauchte. Sie nannte es ihr kleines Goggi. Ich glaube, das war Amphetamin oder dreckiges Kokain. Davon habe ich auch etwas geraucht. Aber nicht so viel, weil mir speihübel davon wurde. Ich war davon aber gut aufgelockert und glücklich dabei. Und dann erklärte mir Vanja wie sie jetzt Geld verdiente. Die Männer würden ihr das so schenken. Sie zeigte mir ihr Einkommen von einer Internetseite, wo sie angemeldet war. Es war eine Porno Seite, wo sie einige Videos von sich hochgeladen hatte. Und wenn diese gekauft wurden, bekam sie Provision. Aus einem kleinen Dachboden-Zimmer hatte sie was gemacht, was sie Studio nannte. Dort war eine echt klasse Kammer an einem PC installiert. Ein Bett und die Wände hatte sie mit Tüchern verhangen. Sie konnte den gesamten Dachboden abschließen, so dass sie dort garantiert keiner störte. Und sie überredete mich dazu, dort mit zu machen. Wir schminkten uns und zogen Dessous an. Ich wollte aber nicht sehr viel zeigen. Ich kam mir vor wie ein kleines Mädchen, dass einfach nicht mitspielen wollte. Ich habe es nur getan, um Venja nicht alleine zu lassen. Ich hatte ein echt mieses Gefühl dabei. Vanja, also wir, bekamen eine Anfrage von einem Mann, der einen Live-Kontakt suchte. Was bedeutet, dass er uns live zuschaut, währenddessen wir uns zur Schau stellten. Dabei sehen wir nicht den Mann, nur er uns. Und über das Telefon kamen Ansagen von ihn. Er geilte sich auf. Für 45 Minuten bekamen wir 50 €. Die Live-Schaltung funktionierte dann auch. Die ersten zehn Minuten ging alles gut. Wir scherzten herum, in unseren Dessous, auf dem Bett. Wir haben Fragen beantwortet. Dann wollte der Zuschauer, dass wir uns ausziehen, worauf Vanja ihre Brüste zeigte. Ich aber nicht. Nun begann ich damit den Zuschauer hinzuhalten, damit die Zeit umgeht. Doch dieser lies nicht locker und Vanja zog sich dann komplett aus. Dann wollte der Zuschauer, dass ich meiner besten Freundin etwas einführe. Also etwas in die Vagina stecke. Und das bekam ich nervlich einfach nicht hin. Ich schämte mich so sehr, dass man es deutlich sehen konnte, dass uns nichts mehr anderes übrigblieb, als zu gehen. Also uns zu verabschieden. Ich meine, ich mache alles für meine Freunde, aber das nicht. Das war nicht richtig! Das hat meine Freundschaft zu ihr beeinträchtig. Ich musste nur noch weinen! Ich mache so eine Scheiße nicht! Jetzt bin ich 24 Jahre alt. Ich habe keine Drogen mehr genommen. Ich hatte noch einmal etwas mit Lewin. Es waren auch noch 15 schöne Monate bis wir uns entschieden haben, nur noch Freunde zu sein. Ich habe meine Ausbildung abgeschlossen. Arbeite aber zur Zeit nicht, weil ich meine Oma pflege. Mein Bruder meldet sich niemals bei uns. Er bleibt verschwunden. Man hört, er sein in Köln wohnhaft. Und mit Vanja, da habe ich die letzten Wochen wieder mehr Kontakt. Es ist ehrlich gesagt auch meinen Schuld, dass es so weit gekommen ist. Sie hat nicht aufgehört mit Drogen. Sie sagt auch, dass sie mit den Porno´s gut verdient. Das glaube ich auch, und ich gönne ihr das. Nur ich habe diese verdammte Angst, dass ihr jemand etwas antut, bei all den Leuten die da draußen rumlaufen. Man weiß ja nie. Die Drogen die sie nimmt,… ich verstehe es nicht. Ich versuche immer wieder ihr beizubringen, dass sie das lassen soll. Dann sagt sie, sie wäre noch nicht soweit. Und sie sagt auch, dass es alles nicht so schlimm ist. Nun, ich gebe unsere Freundschaft nicht auf! Und der beste Weg ihr zu helfen ist, selber gut geerdet zu sein.