Die Erfahrung ist prägend.

Die Arbeit im Krankenhaus gibt mir viel.
Doch sie ist auch belastend.
Jetzt, wo die Auswahl im Krankenhaus getroffen wird.
Wem nun geholfen wird und wem nicht.
Da erinnere ich mich.
Ich wohnte in Italien.
Hier lebe ich erst seit 13 Jahren.

Es war mein 21. Geburtstag.
Ich kam nach Hause.
Meine lieben Eltern warteten.
Der schöne Kuchen blieb unberührt.
Seither feiere ich meinen Geburtstag nicht.

Die Erinnerung lebt.
Die Krankenhauspflege-Schule.
Zum stolz meiner lieben Mutter machte ich sie.
Eine gute Schule war das.
Geleitet von Nonnen.
Exzellente Ausbildung.
In Demut und Bescheidenheit.
Es ist so weit ab von allem.

Nonne wollte ich nicht sein.
Nur Krankenschwester.
Von ganzen Herzen.
Die Krankenschwesterkleidung ist mir heilig geworden.
Durch sie wurde ich jemand anderes.

Mai 1977. Ein schöner, sonniger Tag. Mein Geburtstag. Seit kurzen erst im Berufsleben angekommen.

Ein junger Mann wird gebracht.
Er ist 26 Jahre alt.
Seine Verletzungen sind tief.
Sein Herz liegt frei.
Er blutet stark.
Er stirbt.

Er schaute mich an.
Ich lege ihm einen Verbannt an.
„Danke Schwester“.
Ich kann die Tränen nicht zurückhalten.
Er greift nach meiner Hand.
Ich nehme sie.
Er schaut mich an.

Er gab mir einen kleinen Gegenstand.
„Was soll ich damit?“
„Dieser Talisman bringt Glück; er kann Leben retten.“

„Doch nun brauche ich ihn nicht mehr.“

Ich halte ihn ganz fest.
„Ach Schwester.“
Er dreht seinen Kopf.
Er ist tot.

Ich habe mir so sehr gewünscht, dass er nicht stirbt.
So nah war mir ein fremder Mensch noch nie.
Schrecklich, wenn ich nicht helfen kann.
Ich weine.

Sein Blut tropft hinunter.
Nach kurzer Pause arbeite ich weiter.
Das bringt der Beruf mit sich.
Ich hege einen Wusch.
Dass es keine Gewalt auf Erden gibt.

Und das allen geholfen werden kann.
Sofern feiere ich keinen meiner Geburtstage.

Meine Mutter pflegte zu sagen:
Beato chi può dire a se stesso: io ho asciugato una lacrima.
Was soviel heißt wie:
Glücklich, wer zu sich selbst sagen kann: Ich habe eine Träne getrocknet.